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STEFAN MART UND SEIN BILDERBUCH MÄRCHEN DER VÖLKER

Einleitung von Rainer Würgau


ERSTES RÄTSEL: DER ERZÄHLER

ZWEITES RÄTSEL: DER ILLUSTRATOR

STILELEMENTE DER ILLUSTRATIONEN

DAS PROJEKT STEFAN MART

WIEDERGABE DES MÄRCHENBUCHES IN HTML


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ERSTES RÄTSEL: DER ERZÄHLER

Wer war Stefan Mart?

Diese Seiten führen durch ein altes Bilder- und Lesebuch, vor einundsiebzig Jahren in Hamburg veröffentlicht, zu Hunderttausenden gedruckt und in ganz Deutschland verbreitet; vielgelesen, vielbewundert, heiß geliebt von Kindern, besonders jenen, die in der bilderbucharmen Nachkriegszeit aufwuchsen; trotzdem noch nie nach Verdienst gewürdigt.

Es ist das Werk eines Erzählers und Zeichners, der kein zweites Mal in Erscheinung trat, weder mit graphischen Arbeiten noch mit Erzählungen, jedenfalls - sollte man aus Vorsicht hinzusetzen - nicht unter diesem Namen. Vergeblich forscht man in Bibliotheken, wälzt Künstlerlexika und Handbücher, durchsucht die Kataloge von Museen und Galerien nach Stefan Mart. Nur in sorgfältig geführten Antiquariatskatalogen ist er erwähnt, und nur im Zusammenhang mit diesem einen Werk, erschienen in Hamburg 1933.

Märchen der Völker ist keine Rarität. Es taucht häufig in den Angebotslisten der Antiquare auf, wenn auch meist ohne Erwähnung von Verfasser und Illustrator. Wer ein Exemplar zur Hand nimmt, erkennt bald den Grund.Sindbad als Erzähler Der Buchdeckel zeigt in goldglänzendem Prägedruck den Titel. Darüber befindet sich anstelle eines Namens eine Vignette. Erst wenn man das Buch aufschlägt und das Vorwort überfliegt, erfährt man, dass es einen bestimmten Verfasser hat und zu einer bestimmten Zeit geschrieben wurde: "Stefan Mart, Januar 1932" steht lakonisch darunter. Titelseite und Einbanddeckel dagegen tragen am unteren Rande die Aufschrift: "herausgegeben vom Cigaretten-Bilderdienst Hamburg-Bahrenfeld", was den Eindruck erweckt, als handle es sich bei dem Werk nicht um das eines Einzelnen, sondern um eine Anthologie, eine Auswahl von Texten unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt von einer Redaktion. Einen ähnlichen Eindruck vermittelt die Vignette. Sie zeigt eine Karikatur, den Kopf Sindbads des Seefahrers mit langer, spitzer Nase und großem Turban. Es ist der erzählende Sindbad, sein Mund formt Worte, er kneift ein Auge zu, hebt den Zeigefinger.

Eine Erzähler, der selbst der Märchenwelt angehört: verdrängt er also den historischen Verfasser von seinem angestammten Platze? - Oder tritt der letztere freiwillig zurück? Versteckt sich der individuelle Erzähler hinter dem kollektiven, um seiner Botschaft mehr Gewicht zu verschaffen? Was aber hat es zu bedeuten, wenn er seinen Sindbad dieses pfiffige Gesicht schneiden lässt? Was zwinkert der seinen Zuhörern zu? Es ist leicht zu erraten und wird im Vorwort mit deutlichen Worten ausgesprochen: Sie sollen "den Verstand spazieren führen, auf Erholung schicken", sich stattdessen von der Phantasie leiten und wie Kinder willig verzaubern lassen. Der Leser von Märchen der Völker kann sicher sein, dass ihm hier einiges an Mystifikation geboten wird.

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Bilderserie und Sammelalbum

Mit Turban, goldener Mondsichel und Kräuselbart wirbt Sindbads beredtes Haupt natürlich auch für feine Orient-Cigaretten, preist die Wohlgerüche des Bazars an: Weihrauch aus Jemen, Sandelholz aus Indien, Tabak aus Smyrna, alles Waren, die sich gleich dem von Aladdin beschworenen Dschinn in blauen Dunst auflösen. Von daher scheint es ganz natürlich, dass ein Zigarettenhersteller Märchenbücher unters Volk brachte. Stefan Marts Märchenbuch ist in einer für Kunstwerke untypischen Gestalt an die Öffentlichkeit getreten, gewissermaßen inkognito, als Werbeartikel, als Sammelalbum für Zigarettenbilder. So erreichte es seine ungewöhnlich weite Verbreitung. Aber was der Bekanntheit des Buches Vorschub leistete, tat der des Erzählers und Illustrators Abbruch. Er geriet in Vergessenheit, oder genauer, wurde als Künstler nie recht wahrgenommen.

Die Bilderserie umfasst 150 Farbdrucke im Format 7 x 10,5 cm, zum Einkleben in das 118-seitige Sammelalbum, IV°, wahlweise im Quer- oder Hochformat lieferbar. Das Sammelalbum enthält ein Vorwort des Künstlers, 22 Märchenerzählungen und mehr als 100 zusätzliche einfarbige Illustrationen. Man konnte es in Tabakläden kaufen, die Bilder bekam man vom Cigaretten-Bilderdienst aus Hamburg zugeschickt, gegen Einsendung von "Bilderschecks", Gutscheinen, die als Kaufanreiz den Zigarettenpäckchen der Marken "Ova" und "Ernte 23" aus dem Hause Reemtsma beilagen. Die Bilder waren rückseitig nummeriert, mit dem Titel des Märchens und einem Hinweis auf Serienzugehörigkeit und Sammelalbum bedruckt, enthielten aber keine Legende. Wer ein Bild im Zusammenhang verstehen wollte, war auf das Album angewiesen.

Schon im vorletzten Jahrhundert lockten die Hersteller von Lebens- und Genussmitteln für den Massenbedarf mit Serien bunter Bilder und eigens dafür bestimmten Sammelalben. Einen Abriss der Geschichte dieser "Kaufmannsbilder" bietet auf seinen Webseiten das Antiquariat Köberich Über die umfangreiche Reklamebilderproduktion deutscher Zigarettenherstellen, besonders die des Hauses Reemtsma, informiert mit britischem Humor und deutscher Gründlichkeit der Sammler Stuart Arnold auf seinem web-site German Cards.

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Verlag und Druckerei

Wer die kleinformatigen Farbdrucke der Sammelbilder herstellte, ist weder auf den Bildern selbst noch in den Alben verzeichnet. Auch wer die Alben druckte, ist nur zum Teil bekannt. Laut Impressum kamen die hochformatigen Bände aus der Druckerei Poeschel & Trepte in Leipzig. Der Chef dieses Hauses selber, Carl Ernst Poeschel (1874-1945), Buchkünstler von Rang und Verleger bibliophiler Klassikerausgaben, besorgte die druckgraphische Gestaltung. Im Jahre 1943 wurde die Leipziger Druckerei samt Archiv bei einem Bombenangriff vollständig zerstört. Wenig später brannten auch die Geschäftsgebäude des Hamburger Bilderdienstes, in der ehemaligen Bahrenfelder Kaserne untergebracht, bis auf die Grundmauern nieder. Damit sind gerade die Quellen, aus denen Informationen erster Hand über Stefan Marts Lebensdaten und künstlerischen Werdegang zu erwarten waren, unwiederbringlich verschüttet.

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Texte und Illustrationen

Wie Bobby Box entstand Märchen der Völker ist laut Vorwort ein Bilder- und Lesebuch für Kinder und Erwachsene. Das Buch enthält Volksmärchen, Kunstmärchen, Sagen und phantastische Erzählungen bunt gemischt, sogar ein Roman ist darunter. Nacherzählungen wie Sindbad der Seefahrer und Don Quixote wechseln ab mit Umdichtungen wie Meister Floh (nach E. T. A. Hoffmann) und Huppefrosch (nach E. A. Poe), sowie frei erfundenen Geschichten. Zu den letzteren gehört Bobby Box, ein moderne Bildergeschichte, fast schon ein Comic, die Stefan Mart ausdrücklich als Originalbeitrag bezeichnet. Das hat ihn freilich nicht daran gehindert, die selbe Geschichte im Inhaltsverzeichnis als "amerikanisches Märchen" zu titulieren. Offenbar erstreckt sich für ihn die poetische Freiheit auch auf Angaben zur Herkunft eines Textes.

Wie Bobby laufen lernteAndererseits trifft hier die Bezeichnung "amerikanisch" den Kern. Denn die USA haben zur Märchenkultur des 20. Jahrhunderts ganz entscheiden beigetragen, sie geradezu revolutioniert, und zwar durch die Massenproduktion von animated cartoons, Zeichentrickfilmen. Bilder, die zum Leben erwachen, sind ein altes Märchenschema, Zeichnungen, durch technische Tricks scheinbar zum Leben erweckt, setzen dieses Schema im Industriezeitalter fort. Eine solcher animated cartoon, kurz toon, ist Stefan Marts Märchenheld Bobby Box, entstanden aus dem Geistesblitz eines jungen Künstlers, der die Gestalt, einen chaplinesken Clown, mit Zeichenkohle an die Wand seiner ärmlichen Mansarde bannt.

Das Künstlerhonorar Als er sie wieder auslöschen will, nimmt sie Reißaus, flieht über die Dächer der Stadt Greenville in den Wilden Westen, besteht allerlei Gefahren, hat Pech in der Liebe, kehrt zu ihrem Erzeuger zurück und liefert diesem den Stoff zu einer fulminanten Bildergeschichte (drehbuchreif nach heutigen Begriffen), deren Verkauf ihm die paar Dollar für ein warmes Mittagessen einbringt.

Das sarkastische Happy End gibt Anlass zur Frage nach dem autobiographischen Gehalt des Märchens. Stefan Mart wäre nicht der erste Autor, der die schmerzhafte Entstehungs- und Verlagsgeschichte eines Werkes in diesem selbst niederlegt hätte, mehr oder weniger verschlüsselt. Wegen des vollständigen Mangels an Lebenszeugnissen ist die Versuchung natürlich groß, den Erzeuger Bobbys als alter ego Stefan Marts zu interpretieren.

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ZWEITES RÄTSEL: DER ILLUSTRATOR

 

Märchen der Völker ein Jugendwerk?

Nun deutet die Frische der Erfindungskraft, die in diesem Märchenbuch am Werke ist, wirklich darauf hin, dass es von einem jungen Künstler gedichtet und bebildert wurde. Auch waren die 1920er und 30er Jahre harte Jahre für Künstler und Künstlernachwuchs. Falls der Maler damals Grund hatte, über schlechte Bezahlung zu klagen, der Märchendichter es bedauerte, seinen Pegasus vor den Reklamekarren spannen zu müssen, so hat doch keiner von beiden das Werk darunter leiden lassen. Unter welchen äußeren Bedingungen dieses auch zustande kam, innerlich ist es aus einem Guss, die Teile gut auf einander und aufs Ganze abgestimmt - alles andere als eine verdrossene oder gehetzte Gelegenheitsarbeit. Stefan Mart gab sein Bestes: unter den 150 Farbillustrationen ist keine, in der er sein Können nicht voll ausschöpfte. Die hohe Originalität dieser Bilder, ihre voll ausgeprägte künstlerische Handschrift, (die einen fast wieder zweifeln lässt, ob sie wirklich die eines jungen Künstlers ist), erlaubt es auch, mit einiger Sicherheit auszuschließen, dass der Illustrator von Märchen der Völker es später unter anderem Namen zu Anerkennung und Ansehen brachte, gewandelt und gereift und in anderer Umgebung. Wäre er etwa in der deutschen Malerei - an Talent dazu fehlte es ihm wahrlich nicht - berühmt geworden und hätte er auch sein Jugendwerk aus irgendwelchen Gründen verleugnen wollen, es wäre ihm nicht gelungen. Sein Stil, seine Handschrift hätte ihn verraten.

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Stefan Mart ein Pseudonym?

Freilich, wo selbst die grundlegenden Lebensdaten eines Künstlers unbekannt sind, sollte man auf Überraschungen gefasst sein und keine Möglichkeit von vornherein ausschließen. Am wenigsten die, dass es sich beim Namen Stefan Mart um ein Pseudonym handelt. Einiges spricht sogar dafür, dass es so ist. Denn irgendwie "sitzt" dieser Name nicht richtig, wie ein vertauschter Hut. Unter dem Vorwort steht Stefan Mart mit "f", während es im Impressum der bei Poeschel und Trepte gedruckten Exemplare Stephan Mart heißt, mit "ph". Nur ein Druckfehler? Vielleicht. Doch es gibt eine weitere Ungereimtheit, die schwerer wiegt: 24 der rund 250 Illustrationen sind signiert. Der Namenszug des Künstlers, deutlich lesbar, lautet "Digeer". Das rüttelt an der bisher gemachten Voraussetzung, Erzähler und Illustrator von Märchen der Völker seien einunddieselbe Person. Im Vorwort und in der anschließenden Notiz zu den Quellen der Märchen ist von der Urheberschaft die Rede, aber nur auf die Märchen bezogen, nicht auf die Illustrationen. Die Personalunion von Erzähler und Illustrator wird nur ein einziges Mal ausdrücklich festgestellt, und zwar im Impressum der bei Poeschel und Trepte gedruckten, hochformatigen Teilauflage. Dort liest man: "Die Märchen sind nacherzählt oder neu erfunden und mit Zeichnungen und bunten Bildern versehen von Stephan Mart". Aber wer würde jetzt noch die Hand für die Richtigkeit dieser Angaben in Feuer legen, bei einem Buche, worin der Verfasser nicht auf dem Titelblatt steht, sein Vorname einmal so, einmal anders buchstabiert wird? Tatsache ist, dass der Namenszug "Digeer" auf vielen Illustrationen den im Impressum gemachten Angaben eklatant widerspricht.

Die Hoffnung, dass sich dieser Widerspruch durch ein Versteckspiel erklären lässt, wird schnell enttäuscht: zu viele komplizierte Annahmen sind dazu nötig. Angenommen ein prominenter Künstler namens Digeer hätte Grund gehabt, seine Urheberschaft an Märchen der Völker geheim zu halten, und sich zu diesem Zweck den Namen Stefan Mart zugelegt. Warum signierte er dann die Federzeichnungen und Farbbilder mit seinem wirklichen Namen? Oder kam ihm der Einfall, sich Stefan Mart zu nennen, spät, zu spät, um an den Druckvorlagen noch die Signatur zu ändern? Und wie, wenn es einen prominenten, oder zumindest etablierter Künstler namens Digeer gar nicht gäbe? Dann hätte man sich umsonst den Kopf zerbrochen. Und so verhält es sich denn auch. Denn wie schon bei Stefan Mart lassen einen auch bei Digeer die Auskunftsmittel, Künstlerverzeichnisse usw. völlig im Stich.

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Erzähler und Illustrator zwei Personen?

Auch die Annahme von zwei Urhebern, einem Illustrator und einem Erzähler, führt nicht weiter. Zwar kann man diese Möglichkeit nicht ausschließen, solange keine Dokumente oder Zeugenaussagen auftauchen, aus denen die Urheberschaft eines Einzelnen zweifelsfrei hervorgeht. Doch spricht vieles gegen verschiedene Personen als Urheber. Da ist zum einen die hohe Übereinstimmung der Bildern mit den Erzählungen, sowohl szenisch, als auch stilistisch: Stefan Mart schreibt wie er malt, seine Rede besitzt die Kraft, erstaunliche Bilder heraufzubeschwören, wovon sich der Leser des Vorworts leicht überzeugen kann. Zum andern gibt es etwas, das man provisorisch "Gewichtung der Talente" nennen kann. Charakteristisch für künstlerische Mehrfachbegabung ist, dass das überwiegende Talent ein Mehr an künstlerischer Durchbildung erfährt. So ist der Verfasser von Märchen der Völker in erster Linie Zeichner und Maler. Auf dem Gebiet der Illustration erreicht er den höchsten Grad der Professionalität. Dagegen ist seine Sprache bei allem Nuancenreichtum, aller Bildkraft und Lebendigkeit, zwar dichterisch, aber nicht die eines genuinen Schriftstellers. Es fehlt dem belesenen junger Mann der Schliff, die Brillanz. Wie Rohdiamanten führen die Erzählungen Verunreinigungen mit sich, sind sie gedanklich-sprachlich nicht in der gleichen Weise durchorganisiert wie die Bilder. Der geschulte Leser wird dem Verfasser den inflationären Gebrauch von Ausrufungszeichen ankreiden, der politisch korrekte Anstoß nehmen an mehreren Erzählpassagen. (Sie sind im vorliegenden Text stillschweigend bereinigt worden). Der wohlwollende Leser hingegen wird all dies mit jugendlicher Naïvität und Saloppheit zu entschuldigen versuchen, eine Verlegenheit, in die der Bildbetrachter niemals gerät. So bleiben die Erzählungen von Märchen der Völker das Werk eines aus Liebhaberei schriftstellernden Malers, liebenswert, ja Respekt erheischend als wundersame Legende zu bewundernswerten Bildern, aber nicht denselben strengen Anforderungen genügend. Vor die Qual der Wahl gestellt, was zu behalten wäre, Texte oder Bilder, würde man nicht lange schwanken. Denn die Geschichten ließen sich zur Not aus den Bildern rekonstruieren, nicht aber umgekehrt. Diese Feststellung setzt Stefan Marts Werk nicht herab, sie rückt nur die Proportionen zurecht.

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STILELEMENTE DER ILLUSTRATIONEN

 

Karikatur

Beim Versuch die Handschrift des Illustrators Stefan Mart zu charakterisieren, muss man von seinem Genre, der von ihm gewählten "künstlerischen Waffengattung" ausgehen: Stefan Mart ist Karikaturist. Der Karikaturist gelangte erst spät, im Laufe des 19. Jahrhunderts zur vollen Anerkennung als Künstler, vor allem durch die Werke der Franzosen Gustave Doré und Honoré Daumier. Der Aufschwung der Karikatur hatte technologische Voraussetzungen und politisch-soziale Ursachen. Ohne die Politisierung des Künstlertums im Gefolge der Französischen Revolution wäre er undenkbar, ebenso ohne drucktechnische Neuerungen, die Vervielfältigung von Karikaturen in hoher Auflage und damit ihre Verbreitung in der Massenpresse ermöglichten.

Kunst, hat man gesagt, brauche die Karikatur, um das Schönfärberische, Glorifizierende der Malerei abzustreifen und mit markanten Strichen der Wahrheit die Ehre zu geben. Wirklich ist die Karikatur von Hause aus Graphik, es haftet ihr der Geruch der Druckerschwärze an. Sie ist Schwarzkunst, Schwarz-auf-Weiß-Kunst im doppelten Sinn: plakativ, rechthaberisch, auf das Faktische pochend, und, im Eifer der Polemik, schwarz-weißmalerisch simplifizierend. Karikatur ist Übertreibung, Überzeichnung des Charakteristischen, all dessen, was die Wirklichkeit vom Ideal unterscheidet. Dem Charakteristischen zuliebe trachtet der Karikaturist sogar danach, das Ideal durch Gelächter zu vernichten. Wenn es stimmt, dass das Gelächter in einer sehr tiefen Schichten des menschlichen und tierischen Verhaltens angelegt ist, nämlich im Triumphgeschrei, so passt dies ins Bild, und - stimmt bedenklich gegenüber der Spott- und Lachlust, die der Karikaturist so eifrig bedient. Wie Kinder und Narren nennt er all das beim Namen, worüber die gute Erziehung hinwegzusehen gebietet: menschliche Schwächen, körperliche Defekte, Abweichungen vom idealen Menschenbild, oder dem, was zeitbedingt dafür gilt. Auch bleibt er bei seiner Tätigkeit unempfindlich gegenüber den Schmerzen, die er der gekränkten Eitelkeit zufügt. Das hat ihm den Ruf der Grausamkeit, ja der Menschenfeindlichkeit eingetragen.

Zu seiner Verteidigung und Rechtfertigung als Menschenfreund führt der Karikaturist gerne an, dass er es sich zur Aufgabe mache, die versteckte Falschheit von Mienen, Posen und Gebärden zu entlarven. Ob das ein Vorwand ist, muss von Fall zu Fall geprüft werden. Unleugbar hat er sich aber auf seinem Weg zur graphischen Künstler von der auftrumpfenden Rohheit des Pasquillanten verabschiedet. Mehr und mehr widmete er sich dem Studium der in Einbildungen, Konventionen, Ängsten befangenen menschlichen Seele - abzulesen an den Blättern Honoré Daumiers. Der aggressive triumphierende Ton schwindet, das Gelächter moduliert von Dur nach Moll, wird weicher, dunkler; Zorn weicht der Trauer. Aber keine Bekehrung zur Positivität findet statt, vielmehr ein Fortschritt zu schmerzhaftem Wissen. Der Karikaturist bleibt dem Schwindel und der Infamie des Weltlaufs gegenüber unversöhnlich. Grimmig hält er sein Pulver trocken, will sagen: die Kunstgriffe, die er als Journalist und Parteigänger, als Spötter und Polemiker erlernte, das Arsenal der Überzeichnungstechniken, steht ihm nach wie vor zu Gebote. Nur stellt er es jetzt in den Dienst der verstehenden Analyse, verfeinert es, führt den Zeichenstift nicht mehr als Dolch, sondern als Skalpell. Wer ein Wörterbuch der menschlichen Mimik und Körpersprache anzulegen gedächte, wäre gut beraten, bei den großen Karikaturisten in die Schule zu gehen, ihren Werkkanon zu durchmustern. Sie mikroskopieren menschliche Mienen und Gesten, übertreiben um zu verdeutlichen, verfremden um kenntlich zu machen.

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Moderne

Der Karikaturist Stefan Mart hat die großen Meister der Karikatur studiert, man sieht es seinen Bildern an. Zwei, drei Generationen trennen ihn von den Pionieren. Unterdessen hat sich die Bilderwelt revolutioniert. Fotografie, Buntfotografie, Rasterdruck, Vierfarbendruck, Kinematografie haben sich zu Industriezweigen entwickelt, machen den traditionellen handwerklichen Verfahren der Bilderproduktion Konkurrenz. Die Künstler sehen ihre Felle davonschwimmen, suchen die Initiative zurückzugewinnen, sich auf die veränderte Rolle des Bildes in der Gesellschaft einzustellen. Die einen, am Jahrhunderte alten Prinzip der Naturnachahmung irre geworden, lassen es fallen, entscheiden sich für neue, radikale Weisen des Sehens und des Malens, für das schöpferisch freie Spiel mit abstrakter Form und Farbe, für die Gefühlswahrheit und formale Stimmigkeit als Richtmaß in der Kunst. Die anderen, schockiert, werfen ihnen Kulturbolschewismus, Schändung und Verhässlichung des Schönen vor: foul is fair and fair is foul. Der Hexenkessel beginnt zu brodeln, von Politikern angefeuert drängt das sogenannte gesunde Volksempfinden herzu, begehrt ein Wörtlein mitzureden. Ihm passt die ganze moderne Richtung nicht. Im Jahre 1933 feiert dieses Empfinden in Deutschland einen großen Sieg, die resultierende Diktatur verfolgt die modernen Künstler, verbietet ihnen, ihre Bilder zu zeigen, verhängt gegen sie Berufsverbot.

Märchen der Völker verschwand im Jahre 1939 aus dem Programm des Hamburger Cigaretten-Bilderdienstes. Seinen Platz als Nr. 4 der Reihe von Sammelalben nahm fortan der Band "Deutsche Märchen" ein. Bereits ein Jahr zuvor war Album Nr. 2 "Moderne Malerei" mit Bildern von Cezanne, Gauguin, Van Gogh und den deutschen Expressionisten, die unter dem Nazi-Regime als entartet galten, durch "Malerei der Gotik und Frührenaissance" ersetzt worden. Das macht es wahrscheinlich, dass auch Märchen der Völker den zuständigen Behörden, die dem Reichspropagandaministerium unterstanden, ein Dorn im Auge war. Schon sein Titel konnte als Werbung für Kosmopolitismus, Völkerverständigung und Respekt vor der Eigenart verschiedener Kulturen verstanden werden. Die Texte ebenso: Stefan Mart bewundert die Kultur von verfeindeten Nationen, die angloamerikanische und die französische. Drei seiner selbsterfunden Märchen, "Bobby Box", "M'sieur Bonbon" und "Das ist Erfolg!", sprechen dies deutlich aus. Dagegen ist ihm die von den Nazis geforderte deutsch-völkische Begeisterung völlig fremd. Vollends seine Illustrationen mussten bei den Kulturwarten Anstoß erregen. Waren diese Bilder auch unpolitisch, so gehörten sie als Karikaturen doch zu einem Genre, das die Machthaber fürchteten und hassten. Dies um so mehr, als die Karikaturisten sich in der Moderne heimischer fühlten, schneller als Vertreter anderer Kunstgattungen ihre Formensprache begriffen und erlernten. Hatten sie doch von Anfang an Impulse zur Entwicklung dieser Formensprache gegeben, oder, wie es die Völkischen sahen, zersetzend gewirkt, zur Entartung der Kunst beigetragen.

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Farbe

Der blaue MenschenfresserModern sind vor allem Stefan Marts Farbillustrationen. Er arbeitet zwar mit den Farben und Farbabstufungen der klassischen Malerpalette, bevorzugt aber die kräftigen gesättigten Töne. In allen seinen Bildern herrschen starke, ja grelle Kontraste zwischen klar umgrenzten Farbflächen. Selbst Schattenpartien von Gegenständen und Schlagschatten sind bei ihm leuchtend bunt. Konturen von Gesichtern und Gebäuden zieht er in hellem Rot oder Braun nach. Der dunkelbraune Atelierton fehlt in seinen Bildern ebenso wie die flimmernden Lichter der Pleinairmalerei.

Der grüne MeeresdämonPlakativ kann man diesen Farbgebrauch nennen; doch erschöpft er sich nicht im Zweck, dem Auge eine Botschaft aufzudringen. Die unnatürlich gelben, orangefarbenen, roten Himmel, vor die er seine Figuren gerne setzt, drücken starke Emotionen aus, der Künstler hat sie Gauguin und den deutschen Expressionisten abgeschaut. So erstrahlen Gebäudefassaden, Vorgebirge, ganze Landschaften in diesen warmglühenden Tönen, als seien sie ins im Licht tropischer Sonnenuntergänge getaucht. Ebenso sind die kühlen Farben, Blau, Türkis, Grün, Träger einer Sehnsucht, die in exotische Weiten schweift, zum Meer, zur Südsee, tief in den grenzenlosen Luftozean hinein.The fiery steed Selbst das natürliche Himmelsblau, wie es durch eine Dachluke oder das Fenster eines Eisenbahnzugabteils scheint oder, von weißen Hitzewölkchen durchflattert, über dem Haupt des liebeskranken Don Quixote sich wölbt, wirkt ganz so, als hätte man es noch nie erblickt.

Vollends phantastisch wird die Farbgebung, wo in den Märchen Unheil droht: ein schwarzvioletter Gewitterhimmel über sturmgepeitschter grüner See, ein blauer Koloss von Menschenfresser, der hinter gelben Sanddünen seine Hand nach einem Fliehenden ausstreckt, ein grüner Meeresdämon mit eisgrauem Bart, der einen Schiffbrüchigen peinigt, eine überheizte Dampflok, die durch die in gespenstisches Dunkelrot gehüllte Landschaft rast - Bilder, in denen schon wieder etwas wie leiser Spott über die von den Modernen angestrebten Schockwirkungen mitschwingt.

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Komposition

Viele Karikaturisten experimentierten auf dem Gebiet der Farbe, einige waren auch hervorragende Maler, wenige schufen gültige Malereien, die zugleich karikaturistische Züge bewahrten, wie Daumier in seinem Bilderzyklus zu Don Quijote. Stefan Marts Illustrationen sind längst keine kolorierten Zeichnungen mehr. Die Farbe ist bei ihm voll in den Bildaufbau integriert. Dass jedes dritte dieser Bilder kompositorisch und koloristisch ein kleines Meisterwerk darstellt, ist nicht zu viel behauptet. Ausnahmslos allen liegt aber ein harmonisch bewegtes Muster zugrunde, das sich selbständig macht, aus der Fläche heraustritt, den Raum des Lichts und der Körper erobert, mit der gewonnenen Farbe und Fülle zurückkehrt und sich wieder in die Fläche des Zeichenpapiers einfügt. Ob der Künstler das Märchen von Bobby Box auch als Gleichnis für die innere Entstehung seiner Bilder gemeint hat, sei dahingestellt. Doch bei jedem von ihnen erklingt zuerst eine stumme Musik aus farbigen Linien und Flächen, die das Auge schon unterhält, ihm schmeichelt, noch bevor es mit der nicht weniger lustvollen Tätigkeit des Wiedererkennens von Szenerie, Personen und Aktionen begonnen hat.

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Zeichnung

Was die Zeichnung der Bilder betrifft, die karikaturistische Überzeichnung eingeschlossen, so hält sich Stefan Mart an die Tradition. Auch hier leistet er Erstaunliches. Neben den großen Karikaturisten scheinen noch viele anderen guten Geister der europäischen Malerei an seine Wiege getreten zu sein, um ihm Talente hineinzulegen.Auf wildem Zauberrappen Dieser (vermutlich) junge Illustrator eines Zigarettenbilderalbums ist ein gelehrtes Haus, verfügt über reiche Bilderkenntnisse, zitiert ironisch Malweisen und Motive, nimmt sich die Freiheit zur Parodie. Er kennt sich aus mit Kostümen, Architektur, ist in allen traditionelle Sparten der Malerei genügend bewandert, um Bestes hervorzubringen: Genre, Landschaft, Marine, Stillleben, Anatomie und - für den Karikaturisten unentbehrlich - Tiermalerei. Leicht gehen ihm die Formen eines gewaltigen schwarzglänzenden Hengstes von der Hand, aber auch den Klepper Rosinante trifft er aufs Haar. Mühelos scheint ihm all dies Wissen und Können zugeflogen zu sein, und wenn er eine Akademie besucht hat, was sehr wahrscheinlich ist, muss er seinen Lehrern Hochachtung eingeflößt haben. Rosinante in Nöten Für einen akademischen Musterschüler allerdings ist er zu eigenwillig und - zu verschwenderisch. Das Beste seines Könnens ist ihm für eine Zigarettenbilderserie gerade gut genug. Die kunstpädagogisch engagierte Leitung des Hamburger Bilderdienstes hätte keinen besseren Mann finden können. Auch keinen gewissenhafteren. Denn wo es an schwieriger Details der Darstellung geht, Oberflächen von Wasser und Gestein, Gewandfalten, Licht- und Schattenwürfe, anatomische Strukturen, hält er eiserne Zeichendisziplin. Den in Jahrhunderten angehäuften Schatz bildlicher Darstellungsmittel zugunsten radikaler Reduktion auf reine Farbe und Form aufzugeben, wäre für den Illustrator eines Erzählwerks zu populärem Gebrauch auch mehr als ein riskantes Unternehmen, nämlich schlechthin undurchführbar. Gleichwohl bleibt Stefan Mart ein Kind der Moderne. Mit deren Vorläufern in der manieristischen Malerei verbindet ihn die Neigung zur irrealen Perspektiven und zum Grotesken, Unerhörten, Niegesehenen. Hierin ist der Illustrator von Märchen der Völker am nächsten den Surrealisten verwandt. Auch Max Ernst, Salvador Dalí, René Magritte übernehmen traditionell gegenständliche Darstellungstechniken, funktionieren sie um, lösen sie aus dem Verbund mit dem alten Darstellungsziel der Naturnachahmung, streben die phantastische Rekombination der sichtbaren Welt an.

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Cartoon

Malerischer Manierismus und groteske Skulptur sind Ahnherren der künstlerischen Karikatur. - Wenn es stimmt, dass diese sich im 19. Jahrhundert zur quasi-wissenschaftlichen Analyse von Mimik und Gestik entwickelte, dann wären Cartoons so etwas wie die kommerzielle Anwendung solcher Analysen im 20. Jahrhundert. Man kann den Cartoon als Programm zur Steuerung tiefverwurzelten Gefühle über den Gesichtssinn definieren. Tatsächlich macht die Cartoon-Produktion neben anderen Branchen der Kitsch-Industrie umfassend Gebrauch von einem Muster, das Psychologen das "Kindchenschema" nennen: hohe, stark gewölbte Stirn über niedlichem Näschen, Püppchenmund und -kinn. Viele Walt-Disney-Figuren tragen solche Babygesichter: Mickey Mouse, Bambi, Dumbo, Tweety, auch der tapsige Pluto. Dieses Schema löst den Pflegetrieb aus, übrigens bei Personen beiderlei Geschlechts. Der versierte Cartoonist spielt demnach auf den Gefühlen seines Publikums Klavier. Wie bestimmte Tasten über die Mechanik bestimmte Töne hervorbringen, so visuelle Stimuli Gefühlsreaktionen, Heiterkeit, Rührung, Furcht, Wut - alle über optische Signale auslösbar. Das erklärt vielleicht, warum ein zynischer Massenmanipulateur wie Joseph Goebbels, ansonsten allem Undeutschen abhold, ein Walt-Disney-Fan war.

Man wird Stefan Mart nicht gerecht, wenn man ihn mit Disney in einem Atem nennt. Doch das Niedliche, Drollige, das Groteske und sogar das Grausame gehören nun einmal zum Kindermärchen. Klein, aber pfiffig sind schon die Däumlinge, ungeschlacht die Riesen der Volksmärchen, nicht erst die Toons, die Stefan Mart zu Papier bringt. Was seinen Bildern die Liebe von Kindern eintrug, war gewiss ihre Buntheit und Lebendigkeit. Aber Kinder trennen die Form nicht vom Inhalt. Geliebt wurden und werden Stefan Marts Clowns, Toren, Traumtänzer und Glückskinder: Sindbad, wie er auf nächtlichen Meereswellen um sein Leben rudert, von leuchtendem Seegetier begleitet; Dilldapp, angeschmiegt an seinen Gönner, das buntscheckige Ungeheuer; Bobby Box als geduldiger Spiegelhalter für Marygold, die sich zärtlich das Blondhaar kämmt; ein glückliches junges Paar in chinesischen Seidengewändern unter Mond und Lampions dem Lied der Nachtigall lauschend; Herr Peregrinus von festlicher Vorfreude strahlend auf dem Weihnachtsmarkt; der dreiste Zwirndüwel, wie er auf dem Schwert des Türstehers balanciert und diesem eine Nase dreht; Don Quixote bei Kerzenschein einen dickleibigen Ritterroman verschlingend; Justizrat Knapp mit den Galoschen des Glücks an den Füßen, wie er durch den Morast einer spärlich erleuchteten Gasse stapft; Kaptain Flint im Chaos der Kombüse beim Versuch, sich einen Grog zuzubereiten: Mit welch tiefer Selbstvergessenheit fühlt sich der Künstler in die Figuren ein, mit welch nachtwandlerischer Sicherheit gibt er ihre Mimik und Gebärden wieder, wie unmittelbar stark sprechen seine Bilder daher unsere Gefühle an!

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Film

Die Charakteristik seiner Handschrift bliebe unvollständig ohne Erwähnung dessen, was diese Bilder an ihrer vollen Entfaltung hemmt. Zweifellos sind ihnen Grenzen gesetzt durch ihre Eigenschaft als Buchillustration im Spielkartenformat, wenn auch die originalen Druckvorlagen wohl erheblich größer gewesen sind als die Drucke. Doch weniger das Format erweist sich als Fessel, vielmehr das Medium des stehenden Bildes selber. Viele Bilder Stefan Marts zerren an dieser Fessel, möchten das Laufen lernen, kinematographisch werden, - wieder an die Geschichte von Bobby Box zu denken. In der Tat, ihr Verfasser hat einen Traum, vielleicht sogar einen Ehrgeiz: Seine Energien sind auf den Film gerichtet. Nicht von ungefähr handelt die letzte längere Erzählung des Märchenbuches vom Kino. Ihr bezeichnender Titel: "Das ist Erfolg!", ihr Untertitel: "Ein modernes Märchen".

Nun steckte um 1930 die Zeichentricktechnik in Deutschland noch in den Kinderschuhen und blieb auch weiterhin darin stecken. Überdies kann man sich den Illustrator von Märchen der Völker schwer als Leiter eines hochgradig arbeitsteiligen Betriebs, als Aufseher über Hundertschaften von Zeichensklaven vorstellen.Der Vogel Roch greift an Er war zu sehr Romantiker, um Gründervater einer deutschen Trickfilmproduktion zu werden. So blieb sein Traum ein Traum - zum Vorteil des Märchenbuches. Denn dort hat er sich in vielen Bildern niedergeschlagen. Vor der eigenen Staffelei ist Stefan Mart Regisseur. Nur mit seinem geistigen Auge bewaffnet vollführt er die Schwenks des Kameramannes. Er denkt in Einstellungen: Totale, Halbtotale, Nah- und Großaufnahme. Besonders reizt es ihn, Szenen aus der Vogelschau aufzunehmen. In einem seiner großartigsten Bilder schwebt der Betrachter noch über dem hochfliegenden Vogels Roch, der gerade einen Felsbrocken auf den fliehenden Sindbad herunterfallen lässt. Er blickt fast senkrecht auf das Schiff herab, das mit vollen Segeln dem riesigen Schatten des Raubvogels zu entkommen sucht und doch von ihm eingeholt wird. Ein wahrhaft prophetisches Bild, Vorahnung des heraufziehenden Unheils!

Schmerzlich der Gedanke, dass die Originale dieser phantastischen Bildern für immer verloren sein sollen.

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DAS PROJEKT STEFAN MART

 

Zielsetzungen

1. das Buch Märchen der Völker im Internet wiederauferstehen zu lassen

2. nach Lebensspuren seines Erzählers und Illustrators zu suchen.

Mit der Einrichtung der Domain "www.stefanmart.de" und der Veröffentlichung dieser Seiten ist der erste Teil des Projekts ein ziemliches Stück vorangekommen. Da Web-Publikationen sich ohne größeren Aufwand erweitern und auffrischen lassen, werden sie im Unterschied zu Büchern eigentlich nie fertig. Sicher kommt auch für die vorliegende HTML-Version von Märchen der Völker die Zeit, wo sie durch eine neue ersetzt werden muss, welche veränderten Internet-Standards genügt und von neuen technischen Möglichkeiten Gebrauch macht.

Was die zweite Zielsetzung betrifft, so ist die Spurensuche des Verfassers bisher erfolglos verlaufen. Dies hat ihn mit dazu bewogen, das Märchenbuch ins Web zu stellen. Somit sind alle Leserinnen und Leser herzlich eingeladen, sich an der Suche zu beteiligen. "Sachdienliche Hinweise" nimmt in diesem Fall das Gästebuch entgegen.

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WIEDERGABE DES MÄRCHENBUCHES IN HTML

 

Optimale Einstellungen

Bildschirm: 1024 x 768 Pixel True Colour (32-Bit)

Die Wiedergabe der Farben hängt sehr stark vom Typ und von der Einstellung des Bildschirms ab. Auf Flüssigkristall-Bildschirmen (Laptops) erscheinen die Bilder wie mit Silberbronze übersprüht, was ihre Wirkung mindert. Auf Bildschirmen älterer Bauart sind sie oft rot-, grün- oder blaustichig, ohne dass man dort die Möglichkeit hat, dies abzustellen. Auch bei neueren Bildschirmen ist die Farbregulierung nicht einfach, fordert Geduld und technisches Verständnis. Da die Anzeige der Farben auch von den Beleuchtungsverhältnissen am Standort abhängt, empfiehlt es sich, den Bildschirm zu kalibrieren, und für verschiedene Tageszeiten und Zwecke Farbprofile anzulegen. Auch dies ist etwas für fortgeschrittene Benutzer. Ein Blick in die Internetforen lohnt sich; freilich weniger, weil dort schnell Rat zu holen wäre, eher schon weil er zeigt, wie komplex das Problem ist.

Browser: Zoom 100 %

Das ist der voreingestellte Wert, den man im Browser-Menu "Ansicht" leicht korrigieren kann, um die Schriftgröße dem individuellen Bedürfnis anzupassen, oder um für einen glatteren Zeilenumbruch zu sorgen, was bei kleinen Bildschirmen nötig werden kann.

 

Typographie und Satzspiegel

Der Satzspiegel von Büchern lässt sich im HTML-Format nur schwer wiedergeben. So wurde hier nur der Blocksatz des Originals beibehalten, obwohl Browser sich damit noch schwer tun: sie brechen die Zeile an der Wortgrenze um, sind nicht auf automatische Silbentrennung am Zeilenende ausgelegt, weshalb auf dem Bildschirm in den Zeilen öfters störende Lücken entstehen. Im Original sind die Farbbilder von Text umflossen und darin abwechselnd links- und rechtsbündige ausgerichtet. So erscheinen sie auch im Browser. Ein anderes Feature des Märchenbuch-Originals von 1933 wurde geopfert: der Text wird einspaltig wiedergegeben, während das Original, der besseren Lesbarkeit wegen, zweispaltig gesetzt ist.

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Federzeichnungen

Stefan Marts Federzeichnungen sind "tonig" ausgeführt, d.h. sie enthalten zwischen Schwarz und Weiß noch verschiedene Graustufen oder "Halbtöne". Im Buchdruck erzeugt man Halbtöne durch Rasterung der Flächen, d.h. durch ihre Auflösung in ein regelmäßiges Gitter mikroskopisch kleiner Punkte. Je nachdem, ob die Pünktchen fett oder mager gedruckt sind, erkennt das Auge ein dunkles oder ein helles Grau.

Doch auch der Scanner, der die Seite eines Buches für die Wiedergabe auf dem Bildschirm vorbereitet, zerlegt diese in ein regelmäßiges Gitter kleiner Bildpunkte. Die bereits gerasterte Fläche wird also ein zweites Mal gerastert. Dabei kommen sich die beiden Raster in die Quere: das Auge erkennt plötzlich statt eintönig grauer Flächen seltsame Muster, z.B. Schottenkaros. Diese Muster, Moiré genannt, entstehen durch Überlagerung der Gitternetze. Da sie mit dem Bild selbst überhaupt nichts zu tun haben, lenken sie von ihm ab und stören. Leider kann man sie beim Scannen von Druckgrafiken nicht immer vermeiden. Aber das Auge gewöhnt sich daran, und fasst die karierten Flächen mit der Zeit richtig auf, nämlich als schlich graugetönt.

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Farbbilder:

Die Farbdrucke des Märchenbuches sind Vierfarbendruck in besserer Illustrierten-Qualität. Gedruckt wurde vermutlich auf einfaches weißes Papier (kein Kunstdruckpapier). Über die zur Herstellung der Druckvorlagen angewendeten graphisch-malerischen Verfahren, ist es schwer, Aussagen zu machen.

In einer Beziehung ist die HTML-Wiedergabe des Märchenbuches dem Buchdruck überlegen: Stefan Marts Farben treten auf gut kalibrierten Bildschirmen (ausgenommen Flüssigkristall-Bildschirme) noch leuchtender hervor als auf dem weißen Papier der Sammelbilder. Doch gebührt der Dank hierfür letztlich dem Klischeehersteller und Drucker. Kein noch so guter Scanner kann aus einem Bild mehr herausholen, als darin angelegt ist.


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