Mit großen Augen verfolgten die Dorfbewohner die Landung des seltsamen Fahrzeugs. Frank stellte sich, Florian und 'Old Pluster' höflich vor. Die Erwachsenen wunderten sich über das seetüchtige Schrottauto, die Kinder aber mehr über Florian. Es gab ein großes Gekicher: "Was, das ist ein Hündchen? mit seinem blonden Wuschelkopf sieht es eher aus wie eine amerikanische Lady, hihi, haha!" Mit viel Hallo und Gelächter wurden "Mister Frank and Miss Florian" nun unverzüglich ins Dorf geführt. Und richtig, - dort gab es für sie auch das ersehnte Frühstück. Es bestand aus gekochter Hirse mit reichlich frischer Milch, Zuckerrohrsirup und Erdnußbutter. Zwar wurde es nicht auf Luxustabletts serviert wie jenseits des Atlantiks, doch ebenfalls auf Picknickart, denn nach afrikanischer Sitte spielte sich die Speisung der Gäste öffentlich unter freiem Himmel ab. "Speisung" ist das rechte Wort: aus allen Ecken des Dorfes kamen die neugierigen Hausfrauen gelaufen mit Schüsseln und Töpfen voll Leckerbissen, so daß sich das Mahl immer mehr in die Länge zog und zu einem kleinen Fest wurde. Frank hatte den ganzen Vormittag Gelegenheit, sich über seine Gastgeber zu wundern und - als Revanche für ihr Gelächter über Florian - zu amüsieren. Er wußte aus der Schule, daß viele Liberianer freigelassene amerikanischen Negersklaven waren oder von ihnen abstammten. Und tatsächlich, einige feinere Herrschaften, die der Dorfpastor über Buschtelefon herbeigerufen hatte, gaben sich ganz anglo-amerikanisch. Die Ladies stolzierten in modischen weißen Hängekleidern einher, zigarettenrauchend und mit Sonnenschirmen, die Gentlemen trugen Strohhüte und Spazierstöckchen. Einer war sogar im hochelegant gestreiften Morgenfrack mit dunkelgrauem Zylinder erschienen, worüber die anderen sich lustig machten. Lauthals lachend schwenkten sie ihre Stöckchen und tanzten um ihn herum. Überhaupt war jeder zweite Schritt, den jemand tat, ein Tanzschritt. - Als der Gentleman mit dem Zylinderhut sich bei Frank nach seinen Plänen erkundigte, kam dieser sich vor wie ein erfahrener Weltreisender und sagte leichthin etwas von einer Saharadurchquerung. Daraufhin bot der Gentleman seine Hilfe bei der Beschaffung von Benzin und Proviant an; allerdings wollte er dafür mitgenommen werden. "Er wird es eilig haben, nach Europa zum Pferderennen zu kommen, nach Ascot oder Baden-Baden, so wie er angezogen ist", dachte Frank satirisch, setzte dann aber philosophisch hinzu "Fernweh ist unüberwindlich und kann jeden packen." Die Wüste war gleich dem Meere schon immer Franks Sehnsucht gewesen. Also auf in die Sahara, da die Gelegenheit sich bot! Das Auto wurde in Stand gesetzt und fort ging die Reise mit dem zylindertragenden Gentleman auf dem Rücksitz durch Samory, Segu und das Land Massin; hier setzten sie über den Majo Balleo und waren dann am südlichen Rande der Sahara angelangt. Aus einer Oase kam ihnen hier ein uralter Musulman entgegen, der in der einen Hand einen Wanderstab, in der andern aber eine große Kanne Benzin trug. - Was in aller Welt gibt es doch für wunderliche Zufälle! Woher wußte dieser Alte, daß "Old Pluster" neuen Betriebsstoff brauchte? Frank sah sich den verwitterten Beduinen näher an und glaubte schon "Ahasver", den ewigen Wanderer, vor sich zu sehen, der seit Jahrtausenden durch den Sand zog. Dieser Greis mußte mit den Geheimnissen der Wüste vertraut sein. - "Gibt es hier eine besondere Sehenswürdigkeit, die nicht schon jeder Afrikareisende geschaut hat?" fragte Frank den Musulman. Dieser setzte sich mit gekreuzten Beinen nieder und erzählte von dem "Zauber der Sahara". - "Dort drüben, inmitten der weiten Wüste," hub er mit gebrochener Stimme an, "wo sich die Sonne von der Erde hebt, liegt eine Stadt aus Marmor, Gold und Diamanten. Die Fata-Morgana hat sie oft gezeigt. Beherrscht von einer jungen Königin von sammetschwarzer Haut, wie sie ein Menschenauge nie gesehen, ist diese Stadt das heilige Idol der Wüste. Schon mancher wollte sie erreichen. Umsonst! Noch keiner konnte die Gefahren zwingen."