Ohne irgendeinen Defekt an ihrem neuartigen Fahrzeug waren Frank und
Florian zwölf Tage lang auf dem Atlantischen Ozean in guter Fahrt
vorwärts geschwommen. - Hier in der Einsamkeit des Meeres glaubten
die beiden Globetrotter bis in die Unendlichkeit zu segeln. Der ganze
Weltenraum war von elektromagnetischen Kräften durchzogen. Es war
ihnen unbegreiflich, daß sie nicht übers Wasser laufen
konnten; oder, weil sie an die Erde gebunden, nicht los konnten von
ihren Sitzen, um zu den Gestirnen zu schweben, die am hellen Tage wie
dunkle Punkte oder Kugeln über ihnen standen.
In der Stille wurde der Schrei einer Möve zu einem Ereignis;
eigentlich mußten die Luftwellen, die dieser durchdringende Ton
verursachte, die Himmelskörper ins Wanken bringen. - Frank wurde
aus diesen Sinnestäuschungen herausgerissen; er hörte
plötzlich wieder das Summen und Brummen eines Flugzeugmotors, das
ihm in den ersten Tagen seiner Fahrt ständig in den Ohren gelegen
hatte. - Richtig, da zog der Eindecker über sie hinweg. Aber so
schnell wie er gekommen, war er auch wieder verschwunden. - Gegen
Abend, als die beiden kühnen Seefahrer sich auf ihren Sitz
zurücklegen wollten, um zu schlafen, wurden sie jäh
emporgerissen. Ein dumpfes Bullern unter ihnen, als sei ein
Unterseeorkan
losgebrochen, türmte das Wasser plötzlich zu Bergen auf.
Erschütterungen des Erdinneren schleuderten aus des Meeres
tiefsten Gründen hausgroße Fische und Ungeheuer über
die aufgewühlte Oberfläche hinaus. Es war ein Glück,
daß diese grausigen Schuppentiere nicht in der Luft leben konnten
und sofort wieder in ihr Element zurückfielen. Sonst wäre es
Frank und Florian schlecht ergangen; denn einige zeigten sich
angriffslustig und machten Miene, sich auf sie zu werfen. - Am Morgen
nach einer unruhigen Nacht wurden ferne Stimmen und Rufe über dem
Wasser vernehmbar. Frank lauschte angestrengt. Schließlich
entdeckte er, daß sie aus dem dünnstäbigen Gitter des
Kühlers drangen.
Waren die Stäbe aus einem besonderen Metall?
Sollte dieses
für Marconis neueste Radio-Telephonie das richtige sein? - Waren
es S-O-S-Rufe, die er vernahm? - Nein! - es war... Frank preßte
sein Ohr fest auf die dünnen Röhrchen; ... es war - Mr. Sam
Brankwyns Stimme! - "Sailor, ahoi! - Achtung! Achtung! - habt falschen
Kurs! - treibt entlang dem zehnten Grad nördlicher Breite ostwärts in Richtung
afrikanische Küste - Liberia!" -
"Hallo!" schrie Frank in das Gitter zurück; er wollte noch etwas
fragen; aber ihm antwortete nur ein gleichmäßiges Rauschen,
das in den zittrigen Stäben vibrierte. Nun stellte sich Frank in
seinem Sitz auf die Zehenspitzen und hielt Ausschau. Wie war es
möglich, daß er es bis jetzt nicht gesehen hatte? Ein
langgezogener hellschimmernder Streif lag nicht allzu entfernt vor ihm.
Sand und Palmen - das war Afrika! Und weiter rechts lagen, in Gruppen
kleine runde Erhebungen, die wie Bienenkörbe aussahen - das waren
die Hütten eines afrikanischen Dorfes. - "Wunderbar!" rief Frank,
"der Wind treibt uns direkt auf das Dorf zu. Ich hätte jetzt
nichts gegen ein rustikales Frühstück einzuwenden! Und Du,
Florian?" Florian bellte aufgeregt sein Einverständnis. Auch ihm
knurrte seit Stunden der Magen. Schnell nahm Frank seine Jacke, die als
Segel so gute Dienste geleistet hatte, befestigte sie an der Stange, um
dem 'Old Pluster' noch mehr Fahrt zu geben. Der Wind lag außerdem
kräftig hinter den hohen Ballonreifen und so hörten die
Beiden bald den typischen Lärm eines Dorfes früh am Morgen,
wie er so ziemlich überall in der Welt der gleiche ist:
Viehgebrüll, Hühnergackern, Klappern von Geräten, Singen
und melodische Zurufe der Dorfbewohner.