Nach dem Kampf mit dem König der Wüste setzten Don Quixote
und Sancho Pansa ihre Reise weiter fort und gelangten an den Fluß
Ebro. Der Edle ritt langsam und grübelnd am Ufer dahin, war in
sich gekehrt und schwieg sich gegen Sancho Pansa aus, als er
plötzlich eine Barke bemerkte, die am Stamme eines Baumes
befestigt war. Er gab seinem Knappen den Befehl, Rosinante und den Esel
an einen beliebigen Ast anzubinden und sich mit ihm in den Nachen
einzuschiffen. Mitten auf dem See brach er sein düsteres
Schweigen: "Wisse, daß diese Zauberbarke mich abruft, einer
bedrängten Dame zu Hilfe zu kommen!" - "Herr trauriger Ritter!"
platzte Sancho Pansa heraus, "Wenn das nicht eine neue Tollheit von
Euch ist, so will ich einen Demijohn Tinte trinken.
Die Barke ist keineswegs verhext, sondern ist ein gewöhnliches
Fischerfahrzeug!" Don Quixote wurde ernstlich böse: "Nochmals sage
ich: Schweig! Sei versichert, phantasieloser Plebejer, daß ich
Dich ohne Umstände ins Wasser werfen werde, wenn Du in deinem
Unglauben verharrst!" -Indessen glitt die Barke gemächlich in der
Mitte des Stromes dahin. Auf einmal entdeckte Don Quixote einige
große Schiffsmühlen, die in der Mitte des Flusses standen. -
"Sieh dahin, Freund!" rief er mit lebhafter Stimme, "Da ist die Burg,
in der die bedrängte Dame meiner harrt und nach Erlösung
seufzt!" - "Es sind einfach ein paar ordentliche Schiffsmühlen!"
rief Sancho Pansa ärgerlich. - "Nochmals schweig, Sancho! Ich bin
meiner Sache gewiß!" Mit diesen Worten zog der Ritter sein
Schwert und fing an, mit diesem in der Luft herumzufuchteln.
Mittlerweile hatten die Müller den Ritter mit seinem Knappen im
Kahn entdeckt. Sie waren mit Mehl über und über bestäubt
und sahen mit ihren weißen Haaren wunderlich aus. "Ihr
Schöpse!" schrien die Müller, "wohin wollt Ihr denn
eigentlich, wollt Ihr mit Gewalt von den Mühlrädern
zerschmettert werden?" - "Haaaaa! siehst Du dort, Sancho, die
weißen feindlichen Gespenster? Sieh, was für Gesichter und
Grimassen diese Scheusale schneiden! - Aber wartet, ich will Euch Mores
lehren, Ihr Halunken! Gebt ohne Zögern die Gefangene heraus, die
Ihr in Eurer Burg eingekerkert haltet! Wißt, daß ich Don
Quixote von la Mancha bin, der fahrende Löwenritter, der Ritter
von der traurigen Gestalt, der Schirm und Schild aller
Bedrängten!"
Die Müller hörten das Geschrei und hielten ihre langen
Stangen bereit, den Kahn zurückzudrängen, der bereits in den
Strudel und in die Strömung geriet, die mit furchtbarer
Schnelligkeit den Mühlrädern zuschoß. Don Quixote aber
schlug mit seinem Schwerte auf die Stangen der Müller los, so
daß der Nachen umschlug und seine Insassen kopfüber in den
Strom stürzten. Don Quixote schwamm wie eine bleierne Ente und von
seinem Knappen war auch nur ein schäumender Strudel zu sehen. Die
Müller kamen herbeigesprungen, fischten die beiden
Flußräuber aus dem schlammigen Wasser heraus und zogen sie
wie ein paar gebadete Pudel ans sichere Land. Kaum hatte der eiserne
Ritter die Augen wieder geöffnet, fragte er in grobem Tone nach
der gefangenen Dame. - "Wen meint Ihr denn eigentlich, Ihr alberner
Mensch?!" lachten die Müller im Chor. - "Komm Sancho!" sagte Don
Quixote zu seinem klitschenassen Knappen. "Es wäre eine Torheit,
sich mit solchem Gesindel weiter einzulassen. So viel merke ich schon,
daß hier Zauberer im Spiele sind. Mag Gott der Dame helfen, ich
kümmere mich um nichts mehr! - Man befördere mich zum anderen
Ufer; ich habe Sehnsucht nach meiner Rosinante!"