Als die beiden Helden das gegenüberliegende Ufer des Flusses
Ebro wieder erreicht hatten, wo Rosinante und der Esel festgebunden
waren, gab es ein freudiges Wiedersehn. Sie setzten sich unter einen
Korkbaum, aßen und tranken und waren trotz ihrer nassen Kleider
guten Mutes. Doch als sie sich hinterher zum Schlafen legen wollten,
wurden sie aufgestört. Zwei Männer zu Pferde ritten auf ihr
Lager zu. Don Quixote zweifelte keinen Augenblick daran, fahrende
Ritter vor sich zu sehen. - "Sancho, Sancho!" flüsterte Don
Quixote, "Ein Abenteuer ist nahe." - "Der Himmel möge geben,
daß es ein gutes sei," antwortete der Knappe, indem er sich
gähnend die Augen rieb. - Ein fremder Ritter in klirrender und
blitzender Rüstung sprang von seinem Pferde; sein Knappe aber, der
eine gewaltig große und blaue Nase hatte, blieb auf seinem Esel
sitzen. - "Seid Ihr von der Zahl der Vergnügten oder von der Zahl
der Mißmutigen?" rief der goldschillernde Ritter herüber. -
"Von den Mißmutigen!" erwiderte Don Quixote. "Kommt heran, wenn
Ihr ein ganzer Mann seid." Bald saßen alle vier mit
verschränkten Beinen unter der Korkeiche und erzählten von
blutigen Abenteuern und von grausigen Schicksalen tapferer Ritter. Der
Waldknappe mit der gewaltigen und blauen Nase flößte Sancho
Pansa heimlichen Schrecken ein; auch gefiel ihm die Rüstung von
dessen Herrn nicht, deren Gold wie gewöhnliche Bronze stumpf und
billig aussah; dazu entdeckte er viele kleine Spiegel, die an allen
Ecken und Kanten dieser sonderbaren Rüstung angebracht waren.
Er wollte seinen Herrn durch einen Wink darauf aufmerksam machen; aber
Don Quixote hörte mit angespanntem Interesse den
außergewöhnlichen Erzählungen des fremden Ritters zu. -
"Ich habe ganz Spanien durchstreift und alle fahrenden Ritter, selbst
die stärksten und edelsten, zum Zweikampf herausgefordert und sie
besiegt", erzählte der bronze- und spiegelgeharnischte Ritter mit
bramarbasierendem Pathos. "Ich habe sogar, worauf ich am meisten stolz
bin," fuhr der großsprecherische Recke fort, "einen Kampf mit dem
berühmten Ritter Don Quixote von la Mancha siegreich bestanden und
habe ihm das Geständnis abgerungen, daß meine Gebieterin
schöner sei, als seine Dulcinea von Toboso!" Da sprang Don Quixote
in heftigem Zorne auf und rief: "Ihr lügt, nichtswürdige
Kreatur! Denn wisset, ich selbst bin Don Quixote von la Mancha! Kommt
heran zum Kampfe, wenn Ihr Mut dazu habt!" - "Es ist schon zu dunkel,
um zu kämpfen;" entgegnete ganz kaltblütig der goldene
Waldritter, "im Dunkeln kämpfen nur Räuber und Spitzbuben!" -
"Steh, feiger Hund!" Don Quixote drang mit dem Schwert auf den mit
Spiegeln übersäten Ritter ein. Gleichzeitig war Sancho Pansa
aufgesprungen und schlug seinem unangenehmen Berufsbruder mit einem
gewaltigen Faustschlag auf die verhaßte blaue Hakennase. Zu
seinem größten Erstaunen fiel die Nase aus dem Gesicht des
Waldknappen, es war eine schlecht fabrizierte Pappnase. Schnell hob
Sancho sie vom Boden auf und lief zu seinem Herrn, der den glitzernden
Strauchritter mit einem Schwertstreich zu Boden geschlagen hatte und
schrie: "Seht hier diese Nase, gnädiger Herr! Wir haben mit
elenden Betrügern zu tun!" Don Quixote schnaubte vor Wut. Die
Rüstung der am Boden liegenden vergoldeten Heldengestalt war auch
aus Pappe, und der darin steckte, war kein anderer als Sanson Carrasco,
der Schuster und Nachbar Sancho Pansas aus dem gemeinsamen Heimatdorfe.