Der Tag war bereits hell emporgestiegen, als Don Quixote und Sancho
Pansa in einem Hohlwege dahinreitend ein geräumiges Waldtal
erreichten.
Sie stiegen von ihren Tieren und verschmausten die Leckerbissen, die
sie den Geistern und Gespenstern abgenommen hatten. Da plötzlich
drang an ihre Ohren aus dem nahen Walde ein gewaltiges Brausen,
Rauschen und Klappen, untermischt mit dumpfem Eisen- und Kettengeklirr.
Der arme Schildknappe, der nun einmal von Natur aus das Herz eines
Hasen hatte, zitterte wie Espenlaub. Don Quixote aber blieb
unerschüttert, schwang sich auf Rosinante, legte die Lanze ein,
faßte den Schild fester und sprach: "Sancho Pansa, der Himmel hat
mich zu großen Taten ausersehen, wie schon wieder das
bevorstehende schreckliche Abenteuer..."
Weiter kam er
nicht - sein Auge hatte einen Mann zu Pferde entdeckt, der aus der
entgegengesetzten Seite des Waldes dahertrabte, und auf dessen Kopf ein
glänzendes Ding schimmerte. - "Sancho, sieh dort diesen Mann, der
auf seinem Haupte den Helm eines hochberühmten Helden, des Ritters
Mambrin, trägt; er will mir mein vom Schicksal zudiktiertes
Abenteuer streitig machen! Jedoch ich werde ihm zuvorkommen!" - "Ihr
dürftet Euch irren, gestrenger Herr", antwortete der Knappe. -
"Wie kann ich mich irren bei hellem Tageslicht, Du törichter
Zweifler!" rief Don Quixote erregt. "Siehst Du nicht den Ritter mit dem
goldglänzenden Helm?" - "Ich sehe ein glänzendes Ding; aber
ein Helm ist das nicht." - "Es ist der Helm Mambrins, Du Kröte!"
schrie Don Quixote. - "Und doch ist es kein Helm!" sagte Sancho
trotzig. - "Giftzunge, schweig!" rief Don Quixote voller Wut und
stürzte mit blankem Schwerte auf den Reiter los und schlug ihm den
berühmten Helm des Mambrin vom Kopfe. Der Barbier- denn ein
solcher war es -, der seir). messingenes Seifenbecken auf dem Kopfe
getragen hatte, um seinen Beruf im nächsten Dorfe auszuüben,
rannte vor Schrecken und Angst vor der grausigen Gestalt des Ritters
davon.
Sancho, der gefolgt war, nahm das Barbierbecken vom Boden auf. - "
Wahrhaftig, es ist ein vortrefflich' Ding und unter Brüdern seine
acht Realen wert!" Mit diesen Worten reichte er das Becken Don Quixote
hin, der es alsbald auf seinen Kopf setzte und rundum drehte. - "Der
Helm des Helden Mambrin hat kein Visier!" stellte der enttäuschte
Ritter fest, der sich jetzt, ohne zu säumen, anschickte, dem
furchtbaren und geheimnisvollen Waldabenteuer zu Leibe zu
rücken.
Mit lautem Gejohle, das Barbierbecken auf dem Kopfe, galoppierte er in
den Wald, dem furchtbaren Getöse entgegen. Sancho Pansa lugte
vorsichtig durch die Beine der Rosinante, die leicht dahinflog, als ob
ihr Flügel gewachsen wären. Plötzlich hielt Don Quixote
sein Roß an; denn siehe da, die ganze Ursache des schrecklichen
Geräusches, das durch den ganzen Wald ertönte, rührte
von einer - Walkmühle her, die, von des Wassers Kraft getrieben,
unaufhörlich mit ihren Schlägen Grund und Boden
erschütterte. Don Quixote verstummte und wurde vor Ärger
leichenblaß. Sancho Pansa aber brach in ein so lautes und
herzliches Gelächter aus, daß er sich nicht mehr auf den
Beinen zu halten vermochte, sondern wie ein Mehlsack zu Boden plumpste
und sich krampfhaft umherwälzte. Dieser Anblick erheiterte auch
Don Quixotes enttäuschtes und mißmutiges Herz; er stimmte
endlich in das Gelächter mit ein. - "Don Quixote von la Mancha,
der fahrende Held, hat sich in diesem Falle einmal geirrt!" gab der
stolze Ritter mit Pathos zu und schlug mit der Faust an die
geharnischte Brust. "Die hochherzige und holde Dulcinea von Toboso, die
edle Gebieterin meines heldenhaften Herzens, möge mir verzeihen!"