Matt und kraftlos mit schmerzenden Gliedern und von blauen Flecken
übersät, zog Don Quixote mit seinem Schildknappen, nachdem er
den Wirt der Schenke geprellt hatte, dahin. - "Mein guter Sancho Pansa,
Du wirst jetzt vollends glauben, daß es Gespenster und Geister
gewesen sind, die uns in dem verzauberten Schlosse so schrecklich
mißhandelten." Sancho antwortete bloß durch ein
herzzerbrechendes Ächzen. Während sie nun langsam
weiterzogen, bemerkte der Ritter, daß ihnen eine ungeheuer
große und dichte Staubwolke entgegenkam. Er starrte mit
funkelnden Augen darauf hin und wendete sich dann zu Sancho. -
"Höre, Sancho, dies ist der Tag, den das Schicksal zu meinem
Glücke aufgespart hat. Die Kraft meines Armes wird sich erproben
und Taten will ich verrichten, die von Jahrhundert zu Jahrhundert die
Bewunderung der Menschen auf mich ziehen werden. Schau jene Staubwolke!
Ein großes
Kriegsheer, aus mancherlei Völkern
zusammengesetzt, wirbelt auf!" - "Es müssen zwei Kriegsheere
sein", meinte Sancho und lugte in die Ebene. "Da! auf der andern Seite
erhebt sich eine zweite Staubwolke." Jetzt glaubte Don Quixote sicher,
auf der Ebene würde eine große Schlacht geschlagen. - "Wir
müssen dem Schwachen helfen und dem Bedrängten Beistand
leisten. Wisse, Sancho, das eine dieser Heere befehligt der
berühmte Kaiser Alifanforon, Beherrscher der Insel Trapobano; das
andere lenkt Pentapolin, der König der Gramanten." - "Edler Herr ,
jetzt sehe ich es deutlich, es sind zwei große Hammelherden!" -
"Ha!" schau hin, Sancho Pansa, "sie bekämpfen sich, weil der
Kaiser Alifanforon ein Heide ist und die christliche Tochter des
Königs Pentapolin zur Gemahlin begehrt." - " Wahrhaftig," murmelte
Sancho Pansa, "mein edler Herr spricht aus seinen gelesenen
Ritterromanen und, bei Gott, er hat ein beneidenswertes
Gedächtnis." Don Quixote ritt in erhabener Haltung auf einen
Hügel und begrüßte mit tönender Stimme wohl einige
Dutzend berühmter Helden, die er in seiner unerhörten
Einbildungskraft zu sehen glaubte, und nannte einzeln die hochtrabenden
Namen. Sancho platzte dazwischen. "Ich sehe nichts als Hammel, Hammel,
Hammel!" - " Wie kannst Du solchen Unsinn sprechen?" erwiderte Don
Quixote. "Hörst Du nicht das Wiehern der Pferde, das Schmettern
der Drommeten und das dumpfe Rollen der Heerpauken?" - "Ich höre
nichts als ein gewaltiges Blöken von Hammeln, Herr!" - "Hund, Dich
blendet Deine Feigheit!" Mit diesen Worten legte der edle Ritter von La
Mancha seine Lanze ein, stieß Rosinante die Sporen in die Rippen
und flog pfeilgeschwind den Hügel hinab, mitten in die Schafe
hinein.
Sancho Pansa schrie ihm nach: "Zurück! zurück, Herr! es sind
bei Gott nichts als Hammel!" Aber sein Herr hörte nichts; mit
wildem Schlachtgeschrei hieb und stach er kampfesmutig und grimmig auf
die armen, furchtsamen Geschöpfe ein. Die Hirten und
Schafsknechte, die den Unsinn mit ansahen, nahmen ihre Schleudern zur
Hand und bombardierten den Wahnsinnigen mit faustgroßen Steinen.
Unter der Wucht der, Steine brach Don Quixote zusammen. Des Ritters
Hand war gelähmt, vier Zähne waren ihm ausgeschlagen und
seine Backen jämmerlich zerquetscht. Sancho Pansa raufte sich in
heller Verzweiflung Haar und Bart über die Tollheiten seines
Herrn. - "Sancho, Du bist ein Esel", zischte Don Quixote zwischen den
Zahnlücken hervor. "Merkst Du denn nicht, daß ein toller
Zauberer die Ritter alle in Hammel verwandelt hat?" - "Ach was",
erwiderte Sancho patzig. "Laßt mich mit Euren Rittern, Zauberern
und Hammeln in Ruhe! Mein Schnappsack fehlt mitsamt dem Speisevorrat.
Ich ahne Fürchterliches. Der Wirt des verwunschenen Schlosses wird
ihn uns heimlich für die Zeche abgeknöpft haben. Zu all Eurem
Unsinn werde ich noch hungern müssen."