Stolz trabte der edle Ritter Don Quixote von la Mancha auf seinem
dürren Klepper des Wegs. Sancho Pansa ritt hinterher auf seinem
Esel, rauchte aus seiner kurzen Pfeife, blies ungeheure Dampfwolken in
die Luft und träumte sich dabei als König einer Insel. Als er
dann an seine Frau, die zukünftige Königin dachte, begann er
laut zu lachen: "Und wenn Gott tausend Kronen vom Himmel regnen
ließe, keine wird auf den dicken Kopf meiner Marie passen!" -
Währenddessen waren eine ganze Reihe Windmühlen in der Ebene
sichtbar geworden. - "Freund, das Glück lächelt uns, mehr als
wir hoffen konnten!" rief Don Quixote seinem Knappen zu. "Dort stehen
dreißig und noch mehr ungeheure Riesen! ich werde ihnen
entgegenreiten, und mit ihnen kämpfen auf Leben und Tod!" - "Wenn
das Riesen sind!" erwiderte Sancho Pansa, - so will ich in meinem
eigenen Fett gebraten werden! Es sind nur unschuldige Windmühlen!"
Aber Don Quixote ließ sich nicht beirren, reckte sich in den
Steigbügeln hoch auf und rief: "Dort stehen sie und schwenken ihre
gewaltigen Arme, die wohl eine Meile und darüber lang sind! Es
wird eine Ruhmestat sein, solche ungeschlachte Riesen von der Erde zu
vertilgen, ich werde ihnen allen das Lebenslicht ausblasen!" Bei diesen
Worten gab er seiner mageren Rosinante die Sporen und rief den
Windmühlen zu:
"Steht, ihr elenden, feigen und unförmigen Geschöpfe! Steht!
Ein einzelner Streiter naht, um Euch die Stirn zu bieten und Euch in
den Staub zu werfen!" In diesem Augenblick erhob sich ein Wind, der die
Flügel der Mühlen in Bewegung setzte. Don Quixote nahm dies
für eine Antwort und Herausforderung und schrie voll Kampfbegier:
"Und wenn ihr so viel Arme ausstrecktet, wie der hundertarmige
Hüne Baraeus, so werde ich Euch doch besiegen!" Der kühne
Recke machte sich zum Kampf bereit, gedachte seiner hohen Gebieterin,
Dulcinea von Toboso, empfahl sich Ihrem Schutze in der bevorstehenden
Gefahr, riß den Schild vor seine Brust, legte die Lanze an und
sprengte in gestrecktem Galopp gegen die nächststehende
Windmühle vor. Er rannte gegen einen Flügel, den der Wind
gerade empordrehte und schon nahm dieser ihn und seine Rosinante ein
Stück mit in die Luft. Als beide, weit in das Feld geschleudert,
wieder auf der Erde anlangten, waren sie von dem Sturze übel
zugerichtet. - "Du großer Gott!" rief Sancho Pansa und eilte
seinem Herrn zu Hilfe, "habe ich Euch nicht gesagt, daß es
Windmühlen sind und keine Riesen!" - "Still! still! Sancho Pansa!"
ächzte Don Quixote mit matter Stimme, "ich sehe wohl, das alles
Kriegsglück unbeständig ist. Irgendein boshafter Zauberer
muß die Riesen in Windmühlen verwandelt haben!" - "Der
Himmel möge geben, edler Herr," erwiderte der Knappe, "daß
Euch nicht alle Knochen im Leibe zerbrochen sind!" - "Und wenn sie es
wären, ich dürfte nicht jammern und klagen", stöhnte Don
Quixote, "weil es einem tapferen fahrenden Ritter nicht geziemt. Ein
Held klagt nicht, und wenn ihm auch die Gedärme aus dem Leibe
hingen." - "Darauf läßt sich nichts sagen!" versetzte Sancho
Pansa und kletterte auf seinen Esel. Sein Herr hatte das gleiche getan,
doch hing er mehr, als daß er saß, im Sattel seiner
Rosinante. Der Knappe öffnete den Schnappsack, langte tüchtig
nach den guten Happen und hob häufig und kräftig den
Weinschlauch. Don Quixote, der weder Durst noch Hunger empfand, lehnte
jede Teilnahme ab und hörte bald seinen Begleiter hinter sich
vernehmbar auf seinem Reittier pusten und schnarchen.