inmal lebte Einer vom Stamme der Sioux an einem Bergsee, Inka-hAma
genannt, der weder eine Frau besaß noch Kinder, mit denen er
hätte tändeln können; der ein alternder Mann war und
dessen Fähigkeiten zum Kriegshandwerk zu wünschen übrig
ließen; dem nicht vergönnt gewesen, im Kampfgeschrei zu
sterben. Daher war seine Seele umdunkelt von Schwermut, desgleichen
sein stolzes Herz von Schatten erniedrigender Tatenlosigkeit. Statt des
Wildlederwamses, der Perlenstickerei, des hohen Adlerfederschmuckes
hing ihm ein Bergziegenfell um seinen Leib. Ihn hatten die
Stammesbrüder dem Fischerhandwerk zugewiesen.
Bei rotem Himmel, bei rotzuckenden Blitzen hatte Inka-hAma, der
Fischer, sein Netz ausgeworfen. Hinter den Bergen in der Ebene
hörte er im tönenden Donner das Schlachtgeheul der
feindlichen Schwarzfüße widerhallen. Stück für
Stück drangen die Feinde vor; das letzte Weideland, der letzte
Acker ging verloren, nichts als unfruchtbares Steingebirge blieb den
Sioux.
Heftig erzitterte der Fischer in Ungeduld und Sorge. Im Geiste warf er
sich den Verhaßten entgegen, den Rivalen mit den mondbemalten
Gesichtern. Er, der Rufer der Felsen, der Rufer der Ebene ritt an der
Spitze der Tapfersten, die auf dem Rücken der vierhundert
Silbergäule des Stammes dahinflogen und feuerte sie durch wildes
Schreien an. -
Ein furchtbarer
Donnerkeil fuhr in sein Netz. Der indianische Fischer zog es aus dem
Wasser; keine Masche war zerrissen; nur Schweres hing in ihnen - ein
Kasten aus Sandelholz. Dieser zerbrach. Etwas Graues, Lebendes sprang
heraus. Ein schreiender Affe saß dem Sioux an der Brust. -
"Ich, 'Ikibi' komme zu Dir!" - "Ich danke!" erwiderte Inka-hAma,
"Ikibi, hörst Du das Hyänengeheul der Schwarzfüße?
Willst Du zugeben, daß die edlen, sonnenbronzenen Sioux
verbluten, von den Pfeilen dieser Hunde durchbohrt sterben? Soll der
Stamm der Sioux in Schande untergehen?" - "Schnitze eine Maske, die
meinem Kopfe, meinem Gesicht gleicht!" - Inka-hAma, der Fischer nahm
ein großes Stück Kork, zog ein Messer aus dem Gürtel
und versuchte den Kopf des Affen zu schnitzen. Es ging - Ikibi
führte das Messer. Der Affe stieß die Augenlöcher in
sein Abbild und umrandete sie.
Dann bestrich er die fertige Maske mit roter und schwarzer Erde, setzte
zu beiden Seiten große Büschel grauen Haares an und
preßte das verzerrte Schreckgesicht Inka-hAma vor die Stirn.
- "Geh zum Berge Otasquaw und lege dich in den weißen Sand, bis
die Wölfe kommen. Siebenhundert männliche Tiere mit breitem
Rückenkamm schickt dir der Prophet Maorie. Wenn sie alle
versammelt sind, ziehe mit ihnen gegen die Feinde der Sioux, gegen die
schmutzig-gelben Schwarzfüße, die wie Nattern zischen. Geh!"
befahl der Affe Ikibi. - Als der Körper Inka-hAmas vom
weißen Sand des Berges Otasquaw silbern glitzerte, wie die
eisigen Gletscher der Felsen, erschienen siebenhundert Wölfe mit
roten Mäulern und roten Augen. Im Kampfe mit den verhaßten
Schwarzfüßen waren die Sioux bis an das Felsgebirge
zurückgegangen; die ganze Ebene war übersät von ihren
Toten.
Der "Wandelnde Berg" warf seinen Kopfschmuck hinter sich, schlang ein
rotes Tuch um seine Augen und erwartete den Tod. - "Sie sollen nicht
sagen, daß sie den Häuptling der Sioux töteten!" - Die
Schwarzfüße erneuerten die Kriegsmalerei ihrer Gesichter.
Ehe die weiße Sonne über dem östlichen Hang der Berge
stehen würde, wollten sie den Rest des Stammes der Sioux aufs
Haupt schlagen und vernichten. - Die Schlacht begann - die Sioux
starben wie die Helden. Da erschien im Rücken der siegreichen
Schwarzfüße ein Gigant. Wie aus berstender Erde klang sein
Ruf in das Schlachtgeheul:
"Iki ibi - Ikibi!" Es war Inka-hAma, der Affenkopf, mit seinen
siebenhundert Wölfen. - Kurz vor Aufgang der weißen
Sonnenscheibe brachten die Wölfe Tod und Schande über die
Sieger. Jeder Wolf zerriß zwei Krieger der Schwarzfüße
und warf sie den Sioux vor die Füße. Der "Wandelnde Berg",
im wehenden Federschmuck führte seine Tochter Inka-hAma zu, dessen
Augen wie Achat in den Höhlen lagen. Der Befreier aber strich dem
Mädchen die Stirn und sagte: "Nein, Ikibi wartet auf mich!" - Als
er seinen Bergsee erreicht hatte, stand schon der Affe da und wartete.
Er schlug dem alten Fischer gegen die Brust, so daß der sofort
umfiel und tot war.