eder weiß und hat es wohl schon am eigenen Leibe erfahren,
daß das Geld hier auf diesem Erdenrund eine große
Anziehungskraft besitzt. Der Poet Bobby Box besaß seit einigen
Minuten 1000 Dollar. Das war ein triftiger Grund, diesem komischen
Jungen Manne, den man sonst nicht für "voll" nahm, nach allen
Regeln der Kunst den Hof zu machen. Alles stürzte auf ihn zu.
Jetzt wollte jeder gern sein Freund sein. Herr Knipperdolling, eine
Urochsenschwarte ohnegleichen, war der Erste, der es in dem
Gedränge schaffte, dem reichen Bobby als "bester Freund" die Hand
zu drücken. Er führte ihn in sein Biwak, um ungestört
mit ihm allein zu sein, erzählte schöne Mordgeschichten und
hielt die anderen Freunde gut in Schach, die wie die Motten um das
Licht das Lager umschwirrten und nach Bobbys Reisetasche schielten, in
der sich die 1000 Dollar befanden. Nun fing Knipperdolling an, sich
beliebt zu machen. Mit vielen Kunststückchen vertrieb er Bobby die
Zeit und erwies sich dann auch als Tausendsassa, der von allem etwas
verstand. Er schoß den Vogel aus der Luft; wenn es auch nicht
immer klappte, so war es doch amüsant. Unter anderem versuchte er,
dem Bobby eine Kalkpfeife unter der Nase wegzuschießen.
"Wenn er nicht getroffen hätte, "so behauptete Knipperdolling,
"wäre der Grund nur in Bobbys starkem Zittern zu suchen oder auch
in dem Umstand, daß er, als "sein bester Freund", auf die anderen
Freunde ein wachsames Auge haben müsse, da diese dunklen
Ehrenmänner jede Gelegenheit benutzen würden, um nach seiner
Dollartasche zu greifen." Bei dem ewigen Hin und Her wurde es Bobby
schließlich ganz dumm im Kopfe, so wirr, daß er sich einige
Male selbst fragte: "Woran denkst du?" Er dachte natürlich an
Marygold; denn - wenn er an seine Dollar gedacht hätte, wäre
ihm alles, was so um ihn herum passierte, klarer gewesen. - So sah er
nur dunkle unbestimmte Gestalten huschen, sah Schattenhände
erscheinen und verschwinden, und immer war es sein "bester Freund". der
mit weitausholendem Geschick in diesem Chaos düsterer Geschehnisse
Luft schaffte. Trotzdem hegte Bobby im tiefsten Innern ernstlich den
Wunsch, sich diesem Freundschaftsbann zu entwinden; denn
Knipperdollings Kunststücke fielen ihm allmählich schwer auf
die Nerven.
Nach einem Messerwerfen, das Bobby
Todesangst hatte ausstehen lassen, kam nun das
Letzte, wie der "beste Freund" versicherte. Es war ein Lassoschwingen.
Knipperdolling saß hoch zu Roß und hielt mit ausgestreckten
Armen in jeder Hand eine kunstvoll zusammengelegte Wurfleine. Bobby,
der nach der Meinung seines Freundes dieses Mal die Hauptperson
darstellte, mußte sich vor eine Hauswand stellen und sich somit
drei Meter von seiner Reisetasche entfernen. Gleichmäßig und
akkurat flogen jetzt die Schlingen der ersten Leine um Bobby herum,
verengten sich mehr und mehr und schnürten ihn bald fest ein, so
daß er wie eine gestopfte Wurst sich nicht mehr rühren
konnte. Von solcher Enge ganz benommen, versank der Poet in einen
traumhaften Zustand. Es war Ihm, als sei er ein fest eingezwängter
Feuerwerkskörper, dessen verhaltene Pulverkraft jeden Augenblick
mit einem furchtbaren Knall die feste Hülle zersprengen
müsse. Er sah sich als Leuchtkugel aufsteigen hoch über die
Wolken hinaus in ein dunkles Firmament. -
Knipperdolling
hatte
inzwischen die Schlinge des zweiten Lassos über Bobbys
Dollartasche geworfen, hatte diese fest zugezogen und war im Begriff,
seinem Pferde die Sporen zu geben, um mit der sicheren Beute
davonzujagen. Aber die Banditensippe war wach. Der "Pruzzelkopf", ein
ganz verwegener Tramp, langte mit rauher Hand um die Hausecke, schnitt
flugs die Leine durch, packte die Dollartasche und trottelte mit ihr
ab. Schon an der nächsten Ecke sprang ihm eine Gestalt entgegen:
"Hände hoch!" Es war Mr. Jim mit der blanken Waffe in der Hand.
Pruzzelkopf ließ die Tasche fallen, nahm die Hände hoch,
machte kehrt und trottelte zurück. Mit einem teuflischen Lachen
öffnete Jim die Tasche und griff gierig in die Dollarscheine.
"Him-hem-ham-hum !" machte er dabei. - "Hände hoch !" Marygold
stand wie aus der Erde gezaubert vor ihm. Die kalte Mündung eines
Pistolenlaufes drückte sie ihm auf seine schreckensbleiche Nase.
Nun flatterte ein Dollarschein nach dem andern aus Jims zitternden
Händen in Marygolds Pompadour. Als alle Scheine bei ihr in
Sicherheit waren, rief das Mädchen: "Packe dich, du
bitterböser Jim!", und Jim schlich davon, gebeugt wie ein
begossener Pudel, doch mit haßerfüllten Blicken und Rache
verkündender Miene. Schnell sprang Marygold in ein Versteck. -
Bobby, der sich halbwegs aus seiner Verschnürung befreit hatte,
kam gelaufen, um sich seine Tasche zu holen. Er fand sie verschlossen,
nahm sie am Griff und ging arglos seiner Wege. - Jetzt gab es kein
Versteckspiel mehr. Die ganze Banditensippe lief offen hinter Bobby
her, und es begann eine wilde Jagd. - "Das gilt dem schnöden
Mammon!" dachte Marygold in ihrem Versteck. Doch sie lächelte
leise, sie wußte ein probates Mittel. Aus der großen
Pistole feuerte sie in die Luft, so viel aus dem Lauf heraus wollte. -
Päng! - Päng! - Päng! - Da standen die feigen Schurken,
pardauz! - festgewurzelt am Flecke und streckten die Hände in die
Höhe. - Bobby aber eilte, ohne sich umzusehen von dannen. Als er
eine Stunde unbehelligt marschiert war, fing er schon wieder an zu
dichten:
Die Sonne strahlt. Jetzt geht es weiter!
Um mich herum wird's wieder heiter;
Mein Blick bis in die Wolken reicht;
Die schweren Schuhe werden leicht.
Ich denk an "Sie", die mir gefällt.
Wie schön ist doch die ganze Welt! -