Da, wo du nicht bist, ist das Glück,
Weil, fahren wir ein kleines Stück,
Dem Glück entgegen - ohne Geld!
Der Bimmelzug kommt, wie bestellt.
Man muß es verstehen, die guten Gelegenheiten zu beschleichen. -
Die alte Lokomotive schnaubte wie ein ungeduldiges Roß; sie bekam
noch etwas Öl. Die letzten Vorbereitungen zur Abfahrt wurden
getroffen; das Stückgut machte zu schaffen; auch gab es
Abschiedsküsse. Jetzt war es Zeit. Der Poet Bobby Box schwang sich
von der Rückseite des Zuges durch ein offenes Fenster in ein
Wagenabteil, stieg gleich weiter und legte sich als blinder Passagier
ins Gepäcknetz. - "Der gute Platz gehört dem Zahler!" dachte
Bobby bescheiden und legte sich mit dem Gesicht zur Wand. Er hörte noch das Abfahrtsignal,
das Stampfen und Anspringen des
eisernen Rosses; dann schlief er fest ein. - So friedlich er schlief,
so friedlich hing auch die kleine Flasche, welche ihm die beiden
Diabolen an den Rockschoß geknüpft hatten, lang aus dem
Gepäcknetz herunter. Das schreckliche Wort "Nitroglyzerin" war
deutlich auf dem Etikett zu lesen. (Ein empfindlicher Explosivstoff
wehe, wenn er explodiert!) - Unten auf der Bank - auf dem guten Platz
lag auch einer und schlief. Ein "wilder Mann", ein Bandit, der nach
seinem Prinzip: Moneten schonen! - nur mit blauen Bohnen bezahlte. Den
entsicherten Revolver in der Hand lag er zwischen seinen sieben Sachen
und schnarchte, daß sich sein langer struppiger Schnauzbart hob
und senkte. Drei Stunden lang war der Zug im Zickzack durch die
Landschaft gerollt, als der Bandit erwachte und sich von seinem Lager
aufrichtete. Die kleine Flasche hing ihm direkt zwischen den Augen, und
als er nach Luft schnappte, sog er förmlich das Wort
"Nitroglyzerin" an seine Nase heran. Alles in seinem Körper wurde
vor Schreck starr - er sah sich mitsamt dem Zuge schon in die Luft
fliegen. - Ni-tro-gly-ze-rin!! - Er griff zur Notbremse die Schelle
gellte. Rrrrrrruck! stand die ganze Bimmelbahn. Das schreckliche Wort
"Nitroglyzerin" drang jetzt schneidend durch die unheimliche Stille.
Auf und davon! hieß es! Wie im Sturmeswehen sah man die
Passagiere sausen. Bald stand der Zug mit offenen Türen einsam und
verlassen auf der weiten Ebene - ein altes Vehikel, ein vergessenes
Überbleibsel aus dem letzten Jahrhundert.
Die Nacht kam auf. Ein säuselndes Schnarchen drang aus den
öden Fenstern und Türen der verlassenen Wagen. Bobby Box
träumte von der engelsgleichen Marygold. Doch als er erwachte,
staunte er nicht wenig. Verträumt gähnte er den Mond an und
fragte: "Wo bin ich hier?!" Der Mond schmunzelte und zeigte dem
Fragenden in seinem silbernen Licht weite verlassene Steppen. - Nun war
guter Rat teuer. Was sollte ein Poet allein in dieser Wildnis mit
diesem eisernen Ungeheuer anfangen? Aber Bobby lachte vergnügt:
"Das ist ein interessanter Fall; die Sache werden wir gleich haben!"
Mit Feuereifer machte er sich ans Werk: - Er steckte die Lampen an - er
sah nach dem Wasserstandglas, - dann püstete er mit einem
großen Blasebalg das Feuer an und legte Holz und Kohle auf. -
Kurze Zeit horchte Bobby gespannt; dann fing es im Kessel an zu summen.
Nun probierte er einen Hebel nach dem anderen; einer mußte der
richtige sein. - Piff! paff! puff! kam es von hier und da; aber das
Monstrum blieb unbeweglich. Jetzt legte Bobby ein großes Gewicht
um, das an einem Schalthebel saß. Aha! da erzitterte das
Eisenroß, prustete und schnaubte, fletschte mit den Zähnen,
stieß einen gewaltigen Dampfring aus und rückte
stoßweise vor. - "Halloh, wir fahren !" rief Bobby Box begeistert
aus. Langsam ging es vorwärts; aber etwas stimmte nicht; aus allen
Löchern, Röhrchen und Rosten sprühte und dampfte es.
Mit Funkenstieben, mit dumpfem Magenknurren erreichte die Maschine
endlich, rot bis in die Weichen. den Bahnhof Black Bell. Das
Bahnhofspersonal floh entsetzt, als das glühende Untier in der
Nacht heranrückte. - Bobby bremste. Schwarz wie ein Ofenrohr
verließ der kühne Maschinist seinen Posten. Nun stand Bobby
Box auf dem einsamen Bahnsteig; kein Mensch ringsum war zu sehen. Die
Welt schien wie ausgestorben. Bobby drehte sich nach allen Seiten und
rief: "Heda!" Dabei bemerkte er, daß ihm etwas am Rockschoß
bummelte. Er griff danach; es war die Flasche, das kleine Ding, das so
viel Panik ausgelöst hatte. Er entkorkte sie - kein Nitroglyzerin,
kein Explosivstoff, wie die Aufschrift vermuten ließ, füllte
ihr Inneres. Sie war leer. Nur ein starker Geruch von Mottenkampfer
stieg ihm beißend in die Nase und betäubte ihn. Schnell warf
er die Flasche von sich. Als sie in tausend Scherben zersprang, war es
Bobby bei diesem Klingen und Springen, als ob er erst jetzt ganz wach
würde. - War alles nur ein diabolischer Scherz gewesen?
Ein Scherz? Aber er war doch von Ruß geschwärzt! - Plötzlich regte es sich um ihn; von allen Selten kam jetzt das Bahnhofspersonal aus den Verstecken. Bobby fühlte sich irgendwie schuldbewußt; er faßte Reisetasche und Stock fester und fing an zu laufen. Um viele Ecken ging es herum, an Planken entlang, an Gegenständen und Büschen vorbei, bis er endlich an ein kleines Wasser kam, das still und friedlich im Mondschein dalag. Dick und groß stand hier auf einem Schild: "Baden verboten !" - "Allright!" dachte Bobby, "das Baden ist hier verboten für Leute, die es nicht nötig haben. Aber ich versotteter Erdenbürger bin sehr bedürftig! - Also los! Baden wir!" -